Der Kunstverein und die Stadt Schaffhausen haben sich auf einen neuen Vertrag geeinigt. Die Konflikte rund um den Einfluss des Vereins auf das Museum zu Allerheiligen wurden beigelegt.
von Daniel Jung
Der vertragslose Zustand ist beendet: Der Kunstverein Schaffhausen und die Stadt Schaffhausen haben einen neuen Vertrag unterzeichnet. Dieses Abkommen stellt die Zusammenarbeit zwischen Kunstverein und Museum zu Allerheiligen auf eine neue Basis.
Der alte Vertrag, der 1937 aufgesetzt und 2002 überarbeitet wurde, war auf Ende 2016 von der Stadt gekündigt worden. Seit Anfang Jahr herrschte daher ein vertragsloser Zustand zwischen dem Kunstverein, der rund 1000 Mitglieder zählt, und der Stadt. Der Kunstverein hatte 1937, bei der Entstehung des Museums zu Allerheiligen, dem Museum seine Kunstsammlung geschenkt und seither das Museum mit zahlreichen Neuerwerbungen unterstützt.
Der neue Vertrag wurde von Stadt und Kunstverein Schaffhausen gemeinsam ausgehandelt. «Es waren zwei Partner, die sich auf Augenhöhe und mit Respekt begegnet sind», sagte Kulturreferent Raphaël Rohner gestern bei der Präsentation im Museum. In konstruktiven Gesprächen sei eine neue, tragfähige Basis für die weitere Zusammenarbeit gelegt worden. «Darauf bin ich sehr stolz», so Rohner.
Kunstwerkausleihe beibehalten
Auch Stephan Kuhn, Präsident des Kunstvereins, zeigte sich erfreut. «Mit dem Ergebnis können alle zufrieden sein», sagte er. Im neuen Vertrag seien verschiedene Punkte, die sich durch die Professionalisierung des Museumsbetriebs ergeben hätten, aktualisiert worden. Dennoch könne der Kunstverein wichtige Traditionen wie die Ausleihe von Kunstwerken weiter pflegen. Mit dem alten Vertrag habe die Zusammenarbeit während fast 80 Jahren meist gut funktioniert, sagte Kuhn. «Hoffentlich ermöglicht der neue Vertrag nun weitere 80 Jahre der guten Zusammenarbeit.»
Der neue Vertrag nimmt wesentliche Elemente des bisherigen auf:
- Der Kunstverein spricht sich mit dem Kunstkuratorium des Museums über Neuerwerbungen ab.
- Museum und Kunstverein kooperieren bei Kunstausstellungen und -veranstaltungen. Eine fixe Mindestanzahl der Ausstellungen wird aber nicht definiert.
- Der Kunstverein ist Teil der Findungskommission bei Besetzungen der Kuratorenstellen der Kunstabteilung.
- Der Kunstverein kann Werke an Vereinsmitglieder ausleihen, wobei die ausleihfähigen Werke aber künftig speziell inventarisiert werden.
- Daneben regelt der Vertrag auch verschiedene neue Aspekte:
- Neu haben die Mitglieder des Kunstvereins nicht nur in Kunstausstellungen freien Eintritt, sondern können alle Abteilungen und Ausstellungen des Museums gratis besuchen. Der Kunstverein zahlt dem Museum dafür jährlich einen Pauschalbetrag von 10 Franken pro Mitglied.
- Der schon bisher übliche Einbezug des Kunstvereins in die Planung der Ausstellungen der Kunstabteilung wird neu mit einer Jahresplansitzung verstetigt.
- Weiter ist vorgesehen, dass sich das zuständige Stadtratsmitglied, die Direktorin des Museums und der Präsident des Kunstvereins künftig mindestens alle zwei Jahre zu einer Aussprache treffen. So sollen neue Bedürfnisse früh erkannt werden.
Vorgehen bei Konflikten
Stadtrat Rohner ist zuversichtlich, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen Kunstverein und Museum künftig im Gespräch gelöst werden können. Dennoch wurde im Vertrag auch ein Vorgehen für Konfliktsituationen festgehalten, bei dem zunächst eine gemeinsame Schlichtungskommission gegründet wird.
Der Kunstverein ist nicht der einzige museumsnahe Verein. Im Verhältnis zum Historischen Verein, zur Naturforschen Gesellschaft oder zum Museumsverein drängten sich derzeit keine Vertragsänderungen auf, sagte Stadtschreiber Christian Schneider. Jedoch sei es denkbar, dass mit weiteren Vereinen Abmachungen zu Pauschalvergütungen von Museumseintritten getroffen würden.
Museumsdirektorin Katharina Epprecht betonte, dass die Zusammenarbeit mit den museumsnahen Vereinen zur guten Verankerung des Museums in der Bevölkerung beitrage. «Es ist toll, wie viele Leute in diesen Vereinen mitmachen», sagte sie.
Rohner kündigte an, dass die neue Museumsstrategie im nächsten Jahr im Rahmen einer Vorlage an den Grossen Stadtrat öffentlich diskutiert werde.
Nachdem es im Jahr 2015 zum Zerwürfnis zwischen Stadt und Kunstverein gekommen war, haben Kulturreferent Raphaël Rohner (l.) und Kunstverein-Präsident Stephan Kuhn nun einen neuen Vertrag unterzeichnet. Bild: Selwyn Hoffmann
Kunstverein: Was im Verhältnis zur Stadt bisher geschah
Der Kunstverein Schaffhausen besteht seit 1846 und zählt rund 1000 Mitglieder. Er setzt sich für die bildende Kunst ein. Dazu pflegt und erweitert er eine Sammlung von Werken regionaler und schweizerischer Kunstschaffenden. Seinen Mitgliedern bietet er Exkursionen, Filmabende und Referate an.
- 1937 wurde ein Vertrag mit dem Museum zu Allerheiligen abgeschlossen, das zur Stadt Schaffhausen gehört. Der Vertrag regelte das Verhältnis zwischen dem Kunstverein und dem Museum, wo die Kunstsammlung des Vereins als Dauerleihgabe untergebracht ist. Auch unterstützt der Kunstverein Ausstellungen finanziell. 2002 wurde dieser Vertrag angepasst.
- In den letzten Jahren entwickelte sich dann ein Konflikt: Kunstverein und Museum waren sich nicht einig über die Zahl der Ausstellungen zu regionaler zeitgenössischer Kunst und über die Anstellung eines neuen Kurators für zeitgenössische Kunst. Dies, nachdem Kurator Lynn Kost das Museum im Herbst 2015 verlassen hatte und seine Stelle zunächst nicht wieder besetzt wurde.
- Im Dezember 2015 kündigte die Stadt Schaffhausen dann ihren Vertrag mit dem Kunstverein – per Ende 2016. Im SN-Interview sagte der damalige Kulturreferent Urs Hunziker (FDP): «Der Hauptgrund für die Kündigung war folgender: Wir hatten den Eindruck, der bestehende Vertrag mit dem Kunstverein biete zu viel Interpretationsspielraum.»
- Im Oktober 2016 trat eine neue Kuratorin für Gegenwartskunst ihre Arbeit im Museum zu Allerheiligen an: Jennifer Burkard ist seither in einem 60-Prozent-Pensum tätig. In die Auswahl der Kuratorin war der Kunstverein involviert.
- Im Januar 2017 begann der vertragslose Zustand. Dennoch wird die Sammlung des Kunstvereins vom Museum im bisherigen Rahmen gelagert und bewirtschaftet.
- Am 24. Januar 2017 informierte die Stadt über das weitere Vorgehen: Insbesondere sollte nun ein neuer Vertrag ausgearbeitet werden.