Gastgeberstadt Schaffhausen als «Marktplatz der Hoffnung»

von lbb

Zeichen und Wunder: Als am Samstagmorgen die Mitorganisatorin Michèle Lampinen den 18. Internationalen Ökumenischen Bodensee-Kirchentag auf dem Schaffhauser Fronwagplatz festlich eröffnet, ist es kalt und feucht. Pünktlich zum Auftakt mit Lisa Stolls Alphornklängen und einem «Wort zum Tag» des vielverkauften Buchautors Pater Anselm Grün reisst die Wolkendecke urplötzlich auf, und die warmen Sonnenstrahlen überfluten den zentralen Festplatz mit Licht. Selbst ein als alttestamentarischer Prophet kostümierter, stumm umhergehender Herr mit dem Schild «Yahua» muss blinzeln.

Der Münsterpfarrer Matthias Eichrodt selber wischt mit anderen Helfern (sie tragen Vesten mit der Aufschrift «Bodenpersonal») die Festbänke sau-ber, während der Benediktinerpater über das Motto des Bodensee-Kirchentags meditiert. «Das Wort Hoffnung ist in letzter Zeit aus der Mode geraten», es wolle nicht mehr so recht in eine säkuläre Begrifflichkeit passen, sagt Grün und ruft ausgerechnet die prägende Schrift «Das Prinzip Hoffnung» des marxistischen Philosophen Ernst Bloch in Erinnerung, welche 1954 erstmals in der atheistischen DDR erschien. «Doch Hoffnung meint etwas anderes als reine Erwartung oder Zweckoptimismus», so der Pater. «Vielmehr drückt sie eine Sehnsucht nach dem aus, was wir noch nicht wissen, das noch nicht sichtbar ist, auf das wir aber vertrauen dürfen.» Jenes ist die Hoffnung der Christen, so Grün, zum Beispiel darauf, dass der Mensch sich wandeln könne. «Dort, wo keine Hoffnung ist, ist Erstarrung.»

Bazar der Kirchenbewegten

Als Vertreter der Gastgeberstadt wies Stadtrat Raphael Rohner darauf hin, dass Schaffhausen jene Hoffnung im Wahlspruch trage: Deus spes nostra est – Gott ist unsere Hoffnung. Und er schlug eine Brücke zum Heute. «Pandemie, Klimakrise, Krieg in der Ukraine: Die Welt ist in Aufruhr, wir haben es mit Verunsicherungen zu tun, wie sie meine Generation bisher nicht kannte.» Es sei eine urtümliche Aufgabe der Landeskirchen, aus dem Geist des Christentums darauf Antworten zu suchen und Zuversicht zu verbreiten. Er freue sich, so der unter anderem für das Kirchliche zuständige Stadt-rat, den Kirchentag mitermöglichen zu dürfen. Auf einen Wandel der Menschen, aber vor allem auch der Gesellschaft, der Politik und der Kirche(n) selbst arbeiten auch ein gutes Dutzend Standbetreiber hin, die ihre Informationsstände in der Schwert- und Vordergasse sowie auf der Tanne für den «Marktplatz der Hoffnung» aufgestellt haben.

 

Hier finden sich kirchliche und nicht kirchliche Hilfswerke aller Art, Bibellesekreise beider Konfessionen, einige ökumenische Gruppen (wie jene für ei-nen «Weltgebetstag der Frauen»), aber auch etwa eine reformierte Organisation, welche sich für eine umweltverträgliche, nachhaltige Nutzung von Kirchenimmobilien einsetzt.

Richtiges Marktgewusel will sich am Samstag neben dem Bauernmarkt und dem ganz profanen Einkaufsgetümmel in der Innenstadt noch nicht einstellen. Ein «Churches in Town»-Feeling stellt sich allenfalls für Eingeweihte ein, die an zahlreichen Vorträgen, Workshops und Podiumsdiskussionen teilgenommen haben. (lbb)

sn 20220919

«Dort, wo keine Hoffnung ist, ist Erstarrung», sagte Pater Anselm Grün. Bild: mdu