Das Coronavirus hat das klassische Konzertleben auch in Schaffhausen während zweier Saisons mit Absagen und Verschiebungen fast bis zum Erliegen drangsaliert. Jetzt wurde es zu einem sommerlichen Höhenflug wachgeküsst.
von Martin Edlin
Als «Riesenerfolg» bezeichnet Annedore Neufeld, künstlerische Leiterin des Musik-Collegiums Schaffhausen (MCS), die letztes Jahr als «Trösterchen» für das abgesagte Internationale Bachfest auf die Beine gestellte Reihe «5 x Bach um 5». Und weil nicht nur Bach beflügelt (so das Motto des 28. Internationalen Bachfestes, das heuer nur im kleinen Format durchgeführt werden konnte), sondern ebenso der Erfolg, wird «5 x Bach um 5» in diesem Sommer eine zweite Auflage erleben. Fünf Konzerte an fünf Tagen (4. bis 8. August) an fünf Orten mit Beginn jeweils um 5 (17) Uhr. Die Orte (wie das letzte Mal Klosterkirche St. Katharinental, Stadtkirche Diessenhofen, Stadtkirche Stein am Rhein und St.-Johann-Kirche Schaffhausen) erfahren sogar eine Erweiterung um die Klosterkirche Rhein- au. «Wir wollen ein konzert-vergnügliches Gesamterlebnis bieten», unterstreicht MCS-Vorstandsmitglied Marc Amstutz die Ambition: Zum Beispiel An- und Rückfahrt auf dem Boot nach Rheinau, Konzerteinführungen «vor den Toren» und (so das Wetter mitmacht) ein Apéro im Freien nach Konzertschluss. Die musikalische Seite ist nicht weniger attraktiv: Jeweils eine Kantate von Johann Sebastian Bach und ein Werk eines anderen Barockkomponisten wie Gregorio Allegri, Giovanni Battista Pergolesi, Christoph Graupner oder Johann Christian Bach. Als Interpreten konnten das Zürcher Barockorchester, das Schaffhauser Barockensemble, das Capricornus Consort Basel und das Bodensee Barockorchester gewonnen und ein Vokalconsort «inFlumine» mit reputierten Sängerinnen und Sängern zusammengestellt werden.
«‹5 x Bach um 5› soll ein sanfter Einstieg in ein hoffentlich wieder uneingeschränktes Schaffhauser Konzertleben werden.»
Annedore Neufeld Künstlerische Leiterin MCS
Dass dieses Angebot nicht nur «das Ende einer langen Durststrecke» bedeutet (so MCS-Präsident Raphaël Rohner), sondern «einen «sanften Einstieg» (laut Annedore Neufeld) in ein wieder uneingeschränktes Konzertleben darstellt, mag die Zuversicht erklären, dass die momentan hundert Plätze pro Konzert (werden die Restriktionen weiter gelockert, wird die Platzzahl entsprechend erhöht) ihre Interessenten finden… der Vorverkauf ist eröffnet.
Der Optimist lebt glücklicher
«5 x Bach um 5» bleibt aber nicht das einzige Sommerangebot des MCS, das nichts von kulturellem Sommerschlaf wissen will: Am 27. Juni konzertieren an der Zürcher Hochschule der Künste studierende Pianisten als «Young Musicians» in der Rathauslaube, wo auch am 11. Juli die «kulturelle Begegnung» mit dem Trio Lusinea nachgeholt wird, und schliesslich steht am 4. September im St. Johann ein Sinfoniekonzert mit dem Collegium Musicum Basel und dem Pianisten Benjamin Engeli auf dem Programm. Und wem als Musikfreund das Wasser noch immer nicht im Munde zusammengelaufen ist: Eine Übersicht über die sieben Klassik-Konzerte, die «Kulturellen Begegnungen» und die «Young Musicians»-Reihe in der Saison 2021/22 liegt ebenfalls bereits gedruckt vor und verspricht viel und – das MCS bleibt seiner neuen Ausrichtung treu – viel Abwechslungsreiches!
Natürlich liesse sich hier statt des Ausrufezeichens ein coronabedingtes Fragezeichen setzen. Doch wie meinte der ehemalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan: «Optimisten, Pessimisten – letztlich liegen beide falsch. Aber der Optimist lebt glücklicher.»
Wie es in diesem Sommer singen und klingen soll: MCS- Vorstandsmitglieder Stéphanie Stamm, Raphaël Rohner (Präsident) und Annedore Neufeld (v.l.n.r.). BILD ROBERTA FELE