Die Stadt will das Kammgarnareal neu beleben – mit der Pädagogischen Hochschule, verschiedenen Unternehmen und der Freihandbibliothek. Am Samstag konnte sich die Bevölkerung ein Bild machen.

von Indrani Das Schmid

Tischfussball spielen, ein Buch lesen auf der Wiese oder die Sonne am kleinen Brunnen geniessen: Wo sich heute Autos aneinanderreihen, soll künftig ein Hof das Kammgarnareal beleben. Diese Vision zeichneten die Planer auf die Einladung zum Tag der offenen Tür. Am Samstag stellten Regierungspräsident Martin Kessler, Stadtpräsident Peter Neukomm, IWC-CFO Lorenz Bärlocher und die Stadträte Katrin Bernath und Raphaël Rohner die neuesten Entwicklungen des Kammgarnareals der Öffentlichkeit vor. Alles in allem bleibt es bei den bereits vorgestellten Plänen, die im Westflügel den Einzug der Pädagogischen Hochschule, der Stadtbibliothek und der Ludothek vorsehen und Platz und Räumlichkeiten für Gastronomie und spannende Unternehmen bieten. Spannende Unternehmen seien, so Stadtpräsident Peter ­Neukomm, «Unternehmen, die Ausbildungsmöglichkeiten anbieten und in das spezielle Umfeld passen». Ein Umfeld, das seinen Schwerpunkt auf Wissenschaft und Bildung setzt, gepaart mit Kultur und dem Traditionsunternehmen IWC. Will heissen: Im zweiten und dritten Stock des Westflügels soll die Pädagogischen Hochschule mit ihren rund 150 Studentinnen und Studenten ziehen, ins Erdgeschoss und teilweise ins erste Obergeschoss die Bibliothek und Ludothek. Im Erdgeschoss habe es noch Platz für Gastronomie, im ersten Obergeschoss für gewerbliche und kulturelle Nutzungen. «Auch diejenigen, die das Areal bereits zwischennutzen, können sich bewerben», so ­Neukomm. Das vierte Obergeschoss soll ­innovativen Unternehmen offenstehen. Man könne sich Firmen aus der Com­puterspiel-Entwicklung, den Bereichen Architektur, Grafik und Marketing vorstellen, die sich zu den marktüblichen Konditionen auf diesem Areal ansiedeln wollen. Ein Areal, das eine immense Aufwertung durch eine geplante unterirdische einstöckige Tiefgarage erfahren werde. Angst vor Leerstand habe er nicht, sagt der Stadtpräsident.

Oben Grün, unten Autos

Die hat auch der Finanzdirektor der IWC, Lorenz Bärlocher, nicht. Im Gegenteil, die IWC freue sich, dass dieser «schönste Platz» in Schaffhausen ergrünt und zu einem Treffpunkt werde. Und das es von nun an genügend Stellplätze für die Autos ihrer Mitarbeiter ­geben werde. Aus diesem Grund beteiligt sich die IWC mit 3,76 Millionen Franken an den Baukosten. Parkplätze brauchen die Studentinnen und Studenten wohl eher nicht, sondern ein gemeinsames Gebäude, mehr Raum und vor allem eine Aula, sagt der PH-Dozent Gerhard Stamm. Auch die Bahnhofsnähe sei absolut von Vorteil. Zur Zeit sei die PH auf zwei Gebäude in vielen engen Räumen verteilt. Ohne Aula. Ein gemeinsames Treffen aller Studenten etwa für Hochschulfeiern sei so nicht möglich. Ausserdem würde das Kammgarnareal noch einen ganz entscheidenden Vorteil bringen: die Nähe zur Bibliothek und Ludo­thek und zu den Kunsträumen wie dem Museum Allerheiligen oder dem Vebikus. «Wo können unsere zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer so nah vor Ort praxisnahe Pädagogik lernen?»

Wo können sich die Leute ohne Zeitdruck oder Konsumzwang begegnen, sich zurückziehen oder einfach nur schmökern, fragt sich der Leiter der Stadtbibliothek Oliver Thiele.

In seiner Bibliothek, so wie sie jetzt ist, nur mit grossen Einschränkungen. Dabei gebe es doch nichts Schöneres, als auf der Couch zu sitzen, in einem Buch zu blättern und vielleicht ins Gespräch zu kommen. Zum Beispiel darüber, wie man sich Informationen holt, und er weisst auf drei jahrhundertealte Lexika, die er mitgebracht hat. In dem Lexikon aus dem 16. Jahrhundert prangt ein wunderbares Nashorn mit Höschen – Dürer hat es nach Hörensagen gemalt –, und in der «Encyclopédie des Sciences» von 1765 wird unter dem Stichwort «Negre» beschrieben, was man damals alles über schwarze Menschen wusste oder glaubte zu wissen.

Der Wissensstand von heute werde morgen Geschichte sein, sagt Oliver Thiele. Differenzierte Informationen an alle zu vermitteln, sei einer der Aufgaben einer Bibliothek. In dem künstlerischen Ambiente des Kammgarns werde dies bestimmt gelingen.

Wissen, Wirtschaft und Bildung, das sind die Schwerpunkte auf diesem Areal. Doch wo bleibt die Kunst? «Wir von der Vebikus finden das Projekt so gut, wie es ist», erklärt Cornelia Wolf. Die Synergien zwischen PH, Bibliothek und ihnen als Kunstraum zusammen mit dem Museum Allerheiligen machen das Kammgarn zu einem Kulturviertel.

Ein Kulturviertel, das mit viel Grün und seinen Angeboten zum Flanieren und Verweilen einladen soll.