Der Schaffhauser Historiker Stefan Sigerist tauchte einmal nicht in Archive, sondern ins Internet. Er spürte Hochstapler auf und Politiker, die mit Illusionen Steuergelder verschwenden.

von Wolfgang Schreiber

Warum er in seinem neuen Buch Beispiele von Hochstaplern und Politikern aneinandergereiht habe, wurde Stefan Sigerist am Donnerstagabend im Zunftsaal zun Kaufleuten von Stadtrat Raphaël Rohner gefragt, als Sigerists neues Buch aus der Taufe gehoben wurde. Hinter der Frage steckte wohl die Vermutung, Sigerist sehe bei Hochstaplern und Politikern Analogien oder Parallelen. «Analogien liegen doch auf der Hand», antwortete darauf Stefan Sigerist: «Beide ­verkaufen Illusionen, allerdings mit unterschiedlichen Auswirkungen. Wenn der Hochstapler auffliegt, dann wird er straffällig, wenn ein Politiker seine Wahlversprechen nicht hält, wird er schlimmstenfalls abgewählt.»


Panzer 68 und Mirage

Daher finden sich in Stefan Sigerist neuem Buch «Hochstapler und Politiker – Analogien wären rein zufällig» die wahren Geschichten vom Verkäufer der Brooklyn Bridge, vom Verkäufer des Eiffelturms, vom Mann der in ­Pilotenuniform gratis in den USA herum­flog und von vielen anderen Hochstaplern, auch unrühmliche, sogar erschreckende, aber wahre Geschichten aus der Schweiz: Panzer 68, ­Mirage-Affäre, Swissair. Und Expo 2002, für die rund zwei Milliarden Franken Steuer­gelder ausgegeben wurden und von der keinerlei Spuren mehr übrig geblieben sind. Sigerist beschreibt politische Affären, aus dem ­Vatikan, aus Frankreich, England, Italien, USA, Schweden, Deutschland, Österreich, Spanien, Ungarn, Finnland. Er widmet Jassir Arafat ein eigenes Kapitel und geht auf die griechische Staatspleite ein, die von griechischen Politikern verursacht wurde und von europäischen Steuerzahlern beglichen werden musste.

Stefan Sigerist legt wiederum ein erstaun­liches Buch vor, das sich dieses Mal wie ein Krimi liest. Sigerist, früher erfolgreicher Unternehmer, hat seit 2000 mehrere historische ­Bücher geschrieben und veröffentlicht. Von Berufshistorikern wird er anerkennend als «historischer Privatgelehrter» bezeichnet. In seinen früheren Werken hat Stefan Sigerist in öffentlichen und privaten Archiven recherchiert, sein neues Buch basiert in der Mehrheit auf Recherchen im Internet und in Büchern.

Stadtrat und Kulturreferent Raphaël Rohner zeigte sich an der Buchvernissage im Dialog mit Sigerist wiederum als sehr kenntnisreicher, witziger und charmanter Interviewer. Er habe, so führte er aus, das Buch mit grossem Vergnügen gelesen und empfehle es weiter. Wer im Buch zu lesen beginnt, kann kaum mehr aufhören. Das ist so.

Im Zunftsaal zun Kaufleuten hat Verlags­leiter Stefan Wabel die zahlreich erschienen Gäste der Buchvernissage, den Autor und Stadtrat Rohner begrüsst und dabei darauf hingewiesen, dass dies wohl für absehbare Zeit, die letzte Buchpräsentation des Meier Buchverlags Schaffhausen sei. Der Buchverlag hat mit Sigerists Buch einen Abschluss ge­funden, der in der Tat grosses Lesevergnügen ­bereitet.

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Buchvernissage im Zunftsaal: Autor Stefan Sigerist (l.) und Stadtrat Raphaël Rohner. Bild: Flavia Grossenbacher