Mit einer Kranzniederlegung und einem Anlass in der Steigkirche gedachte Schaffhausen gestern der Bombardierung der Stadt vor 75 Jahren. Zeitzeugen, Nachkommen von Opfern und geladene Gäste wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter waren anwesend.
von Dario Muffler
SCHAFFHAUSEN. Buchstäblich aus heiterem Himmel kamen sie, die Bomben der US-Luftwaffe, sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter gestern in Schaffhausen. An einem Gedenkanlass auf dem Waldfriedhof und in der Steigkirche hat man sich der Opfer des amerikanischen Bombardements der Munotstadt von vor 75 Jahren erinnert. 40 Menschen verloren damals ihr Leben, über 250 wurden verletzt, 50 Brände wüteten auf dem Stadtgebiet. «Es war nicht die einzige Bombardierung der Schweiz im Zweiten Weltkrieg, aber die mit Abstand verheerendste», sagte die Bundesrätin in der gut gefüllten Steigkirche, wo sich auch Angehörige von Todesopfern befanden. Das Ereignis vom 1. April 1944 habe gezeigt, dass sich die Schweiz mitten in Europa befinde. «Wir sind keine Insel», sagte sie. «Und auch unsere Neutralität schützt uns nicht vor unbeabsichtigten oder absichtlichen Angriffen.» Deshalb sei es wichtig, eine starke Landesverteidigung und somit auch eine moderne Luftwaffe zu haben, platzierte Keller-Sutter nebenbei die Haltung des Bundesrats zur Neubeschaffung von Kampfjets.
«I am sorry»
Am Gedenkanlass teilgenommen hat gestern auch der amerikanische Botschafter für die Schweiz und Lichtenstein. Edward McMullen entschuldigte sich in seiner Rede für den tragischen Irrtum, dem die Piloten vor 75 Jahren erlegen waren. «I am sorry», sagte er im Namen des amerikanischen Volkes. Damals habe sich der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt aber unmittelbar bei Schaffhausen und der Eidgenossenschaft entschuldigt. In der Folge leisteten die USA auch Reparationszahlungen in der Höhe von 40 Millionen Franken. «Aber keine Menge an Geld kann diese Tragödie ungeschehen machen», so McMullen.
Neben dem amerikanischen Botschafter und der Bundesrätin sprach auch Stadtpräsident Peter Neukomm zu den Gästen. «Es ist rückblickend äusserst beeindruckend, wie professionell organisiert, wie schnell und wirkungsvoll unsere Vorfahren auf dieses Bombardement reagiert haben», sagte er.
Vor dem Anlass in der Steigkirche wurden auf dem Waldfriedhof zwei Kränze niedergelegt, um der Todesopfer des Luftangriffs zu gedenken. «Es war ein unerwartetes, aber stets befürchtetes Ereignis», sagte Stadtrat Raphaël Rohner in seiner Ansprache.
Zum Abschluss des Jahrestags stellte Historiker Matthias Wipf sein neustes Werk «Die Bombardierung von Schaffhausen – ein tragischer Irrtum» vor.
Edward McMullen, der US-amerikanische Botschafter, Stadtpräsident Peter Neukomm, Stadtrat Raphaël Rohner und Bundesrätin Karin Keller-Sutter (von links) legten auf dem Waldfriedhof zwei Kränze nieder: Mit ihnen gedachte man der Opfer der Bombardierung von vor 75 Jahren. Bild: Selwyn Hoffmann