Fremdsprachige Kinder sollen möglichst früh Deutsch lernen. Darin sind sich alle einig. Aber ist dafür der Kanton zuständig? Und sollen die Eltern einen Beitrag dazu leisten?

von Zeno Geisseler

Kinder, die kein Deutsch sprechen, haben es im Kindergarten und in der Schule besonders schwer: Sie sollten eigentlich den Schulstoff lernen, aber wie soll das klappen, wenn sie nicht einmal verstehen, was eigentlich von ihnen verlangt wird? Unter Umständen rennen sie deswegen während der ganzen Schulzeit dem Stoff hinterher.

Im Idealfall sollten fremdsprachige Kinder also schon vor der obligatorischen Schulzeit Deutsch lernen, aber dafür fehlte im Kanton Schaffhausen bislang ein einheitliches Angebot. Stattdessen landen viele Kinder mit schlechtem Deutsch im Sprachheilkindergarten, dabei ist dieser eigentlich für Kinder mit Sprachstörungen gedacht, nicht für solche mit mangelnden Sprachkenntnissen. 2016 betrug der Anteil fremdsprachiger Kinder im Sprachheilkindergarten 85 Prozent.

Doch nun soll alles besser werden. Gestern hat der Kantonsrat der Regierung den Auftrag erteilt, eine Lösung für die sprachliche Frühförderung zu präsentieren, und zwar in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden. Er hat ein entsprechendes Postulat der Geschäftsprüfungskommission mit nur einer einzigen Gegenstimme überwiesen.


Basel: Fast 4000 Franken pro Jahr

Ein Vorbild ist der Kanton Basel-Stadt: Kinder, die kein oder nur ganz wenig Deutsch sprechen, müssen dort im Jahr vor dem Kindergarteneintritt obligatorisch mit dem Deutschlernen beginnen, und zwar an mindestens zwei halben Tagen pro Woche, zum Beispiel in einer Spielgruppe mit Deutschförderung. Weil der Kurs obligatorisch ist, trägt der Kanton die Kosten, laut «Tages-Anzeiger» nicht ganz 4000 Franken pro Jahr.

Doch wer würde im Kanton Schaffhausen das Portemonnaie öffnen? Hier beginnt die schulische Mitverantwortung des Kantons eigentlich erst mit dem Eintritt in den Kindergarten. Das aber sei bei der Frühförderung der falsche Ansatz, warnte der Stadtschaffhauser Bildungsreferent Raphaël Rohner (FDP). «Es kann nicht sein, dass sich der Kanton aus der Verantwortung heraushält», sagte er. In der Stadt seien fast 40 Prozent der Kindergartenkinder wegen mangelnder Deutschkenntnisse förderungswürdig, dies seien rund 100 Kinder pro Jahrgang. Wenn diese Kinder schon vor dem Kindergarten Deutsch lernten, werde damit die obligatorische Schule entlastet – und damit auch der Kanton. Ergo soll er einen Teil der Kosten tragen. Dieser Ansicht war auch Werner Bächtold (SP, Schaffhausen): «Man hat schon lange genug gewartet, bis die frühe Förderung in den Fokus kam. Es liegt keine weitere Wartefrist mehr drin.»

Erziehungsdirektor Christian Amsler zeigte zwar viel Verständnis für das Anliegen, dennoch sprach er sich namens der Gesamtregierung gegen eine Überweisung des Postulats aus. Das Thema sei nämlich schon am Laufen. Insbesondere sei es sinnvoll, zuerst die Auswertung eines Fünfjahres-Pilotprojekts der Stadt Schaffhausen abzuwarten. Diese Aussage brachte den städtischen Finanzreferenten Daniel Preisig (SVP) auf die Palme: «Es ist eine Frechheit, wenn man sagt, jetzt warten wir mal, bis die Stadt ihren Pilotbetrieb abgeschlossen hat, bis wir uns selbst bemühen.»


AL: Eltern sollen nichts bezahlen

Wie genau nun der Vorschlag der Regierung aussehen wird, ist noch unklar. Die Parteien haben gestern aber bereits erste Forderungen platziert. Die SVP etwa verlangt, dass ein neues System günstiger sein soll und dass sich die Eltern an den Kosten beteiligen. Dies aber ist ein rotes Tuch für die AL-Grünen-Fraktion: Die frühe Förderung sei Teil des unentgeltlichen Schulsystems und müsse für die Eltern kostenlos bleiben.